aus: RNZ Online 05.09.2005

 

05.09.2005
 

Nostalgie pur in Chrom und Leder

Im Schwetzinger Schlosspark standen am Wochenende teure Raritäten auf vier Rädern


Wie im Film so schön standen die gut erhaltenen Kleinode auf vier Rädern Spalier. Eine Augenweide für Besucher, die sich nicht satt sehen konnten an den Raritäten. Foto: Schwerdt

Von Sabine Sipos

Schwetzingen. Der Automobilclub von Deutschland, kurz AvD, veranstaltete seinen 4. Concours d'Élégance im Schlosspark. Die Besucher erwartete geradezu ein Eldorado an Oldtimern der unterschiedlichsten Fabrikate und Altersklassen. Man musste wirklich kein Autokenner oder gar Liebhaber sein, um sich an diesem Anblick zu erfreuen. Alle Wagen aus den Jahren ab 1913 sind noch absolut fahrtauglich und haben den Weg nach Schwetzingen aus eigener Kraft zurückgelegt. Nur aus größeren Entfernungen waren sie mit Transportern gekommen. Der Grund hierfür liegt nicht an unzureichender Fahrtüchtigkeit, sondern es hätte schlicht zu lange gedauert. Man reiste im frühen 20. Jahrhundert noch etwas geruhsamer, obwohl es durchaus schon Rennwagen gab. Wie ein Raketenwagen der Firma Opel aus dem Jahr 1928, der immerhin 238 km pro Stunde zurücklegen konnte.

Wie gemütlich man andererseits zum Picknick „ins Grüne" fuhr, zeigte sich auch an den komfortablen Innenausstattungen. Optische Beispiele gaben dazu einige Autobesitzer, die rund um ihr Ausstellungsstück stilecht ein Picknick arrangiert hatten, zu dem sie ebenso stilechte Kleidung samt Accessoires trugen. Diese Arrangements vermittelten auf diese Weise zusätzliche Einblicke in das vergangene Jahrhundert. Häufig besaßen die Wagen noch kein Verdeck, und so gehörte passende Kleidung unbedingt dazu. Der Mode angepasst saß dann der Fahrer ausgerüstet mit lederner Fliegerkappe und Knickerbockeranzug (dazugehörig Schuhe mit Gamaschen) am Lenkrad. Wenn es kühler war, gehörte über das Ganze noch ein Paletot. Die Damen trugen zeitgleich Charlestonkleider, Hüte mit Reiherfedern und den unvermeidlichen Sonnenschirm. Je nach persönlichem Alter eines Betrachters konnte es passieren, plötzlich mit der eigenen Jugendzeit konfrontiert zu werden, da die Fahrzeuge noch lange zum Alltagsstraßenbild gehörten. In Erinnerung blieben die verschiedenen Automarken, da der Straßenverkehr noch recht übersichtlich war und ein Auto eher ein Luxus- als ein Gebrauchsgegenstand war. Rein äußerlich waren die Fabrikate schon an der Form zu erkennen. Die Kreativität der Autobauer war unerschöpflich und gleichzeitig drückten sie dem Gefährt einen ganz persönlichen „Firmenstempel" auf. Betrachtet man die Oldtimer genauer, kann man festzustellen, dass es noch ein paar Firmen gibt, die auch heute noch Überreste der alten Karosserien erkennen lassen. Hierzu gehört zum Beispiel ein Rolls-Royce, der immer noch Spuren der alten Eleganz aufweist. Ein besonderes Schmuckstück dieser Firma war der zu bewundernde Rolls-Royce Phantom I Piccadilly Roadster aus dem Jahr 1928. Der gezeigte Wagen war in einem erstklassigen Zustand und auf verschiedenen Ausstellungen bereits prämiert. Wer sich nun kein Bild machen kann, wie er aussieht, dem sei eine kleine Hilfestellung gegeben, Robert Redford fuhr so ein Auto in dem Film „Der Große Gatsby".

Zwei Tage lang nahmen Juroren in verschiedene Kategorien die Automobilraritäten unter die Lupe. Dabei wurde jede ausgewechselte Schraube und jedes neu eingebaute Ersatzteil geprüft. Zur Bewertung standen aber auch Wagen in einem absoluten „Urzustand". An ihnen sind alle Teile original wie eben ausgeliefert! Nicht die kleinste Schramme ist an ihnen restauriert. Dass hier in Schwetzingen Millionenwerte standen, ist leicht zu verstehen. Schließlich sind es nicht nur Oldtimer, sondern häufig auch Unikate von Autobauern, die es auf dem Markt nicht mehr gibt. Allseits zu beobachten war, wie liebevoll die Besitzer ihre „Schützlinge" hegen und pflegen. Mit sichtlichem Stolz wurden sie jedenfalls präsentiert. Nostalgie pur!